Leadership ist eine Einstellung

Leadership ist eine Einstellung

von Anne Anne Sander
18. April 2021

Leadership und Führung sind in unserer Gesellschaft ein viel diskutiertes Thema. Ich bin der Meinung, dass nicht jeder der Führungsverantwortung hat, auch eine gute Führungskraft ist.

Als Führungskraft, oder auch gern als Leader bezeichnet, sollte man einige Eigenschaften mitbringen, die man nicht unbedingt erlernen kann. Diese Eigenschaften sind beispielsweise eine hohe Aufnahmefähigkeit, Empathie, und gutes und ernstgemeintes Zuhören.

Nicht jeder Mensch verfügt über die gleichen Fähigkeiten. Dennoch war ich immer davon überzeugt, dass man Führung lernen kann, man eignet sich Führungsqualitäten im Laufe seiner beruflichen Laufbahn an. Mittlerweile bin ich davon nicht mehr 100%ig überzeugt. 

DER WEG ZUR FÜHRUNGSKRAFT – WIE WERDE ICH EIGENTLICH EINE FÜHRUNGSKRAFT?

Der Grund, warum ich lange glaubte, dass man Leadership und Führung lernen kann, ist einfach. Als Angestellte in einem Unternehmen schlägt man verschiedenen Karrierepfade ein. In einer Unternehmensberatung beispielsweise startet man als Analyst oder Consultant, dann kommt der Senior Consultant, es folgen diverse Manager-Ebenen (Manager, Senior Manager, Director, Principal etc.) und dann, irgendwann wird man Partner. In anderen Unternehmen wird der Karrierepfad ähnlich sein, die Bezeichnungen andere.

Ein Team oder den Kunden selbst führen darf man erst ab einer bestimmten Hierarchieebene. Spätestens ab der Manager-Position einer Beratung ist man Führungskraft. Auf einen Schlag kommen Verantwortlichkeiten auf einen zu, wie Budgetverantwortung, Akquisitionsziele, Verantwortung für die Entwicklung der Mitarbeiter, Verantwortung Kunden weiterzuentwickeln. All das wird einem in gewisser Weise „übergestülpt“. Natürlich gibt es viele Unternehmen, die ihre Mitarbeiter auch auf die Rolle vorbereiten, meiner Meinung nach aber zu wenig. Man lernt am besten „on the Job“, heißt es zumeist.

Und so lernt man schon von Anfang an: Führung hat etwas mit Alter zu tun, mit Seniorität, mit Erfahrung. Nur wer das vorweisen kann, dem traut man es zu Führungskraft zu werden. Führung ist in Hierarchien gebunden. Wenn man „alt genug“ ist und genügend Erfahrung hat, kann man andere Menschen daran teilhaben lassen, ihnen etwas zeigen und beibringen und von seiner eigenen Erfahrung profitieren lassen. Ist das wirklich so?

Wen wundert es dann, dass es in Deutschland gerade in den Wirtschaftszweigen wenige Frauen in Führungspositionen gibt? Wenn immer die Erfahrung zählt, und man als Frau eventuell ein paar Jahre „raus“ ist? Dann wird der Job oft einem Mann angeboten, der mehr Erfahrung vorzuweisen hat.

JUNGE MENSCHEN OHNE ERFAHRUNGEN KÖNNEN FÜHRUNGSKRÄFTE SEIN

Leadership


Ich habe in den letzten Monaten viele Weiterbildungen gemacht und durfte großartige Persönlichkeiten kennen lernen. Außerdem durfte ich mit Freunden über die verschiedensten Themen sprechen, unter anderem eben auch über Führung.

Wir sprechen über Ziele, warum man sich fort- und weiterbildet, was der Beweggrund dahinter ist, welche Vision man für sich selbst und sein Leben hat, welchen Sinn man verfolgt. Und vor allem, wie man es in die Tat umsetzen kann.

Nicht selten spricht man dann über die folgenden Sätze, die in dem Zusammenhang schon einmal zu einem gesagt wurden:

„NAJA, DU BIST ABER NOCH EIN BISSCHEN JUNG FÜR DAS, WAS DU MACHEN WILLST. DAFÜR BRAUCHT MAN EINFACH ERFAHRUNG UND SENIORITÄT.“

„WISSEN SIE, AN SICH SIND SIE GENAU SO JEMAND, DEN WIR HIER BRÄUCHTEN, ABER SIE HABEN LEIDER NOCH KEINE ERFAHRUNG. VERSUCHEN SIE ES, WENN SIE ERFAHRUNG HABEN, NOCHMAL.“

„DU WIRST DAS BESTIMMT MAL SUPER MACHEN, ABER BIST EBEN NOCH EIN BISSCHEN ZU KLEIN DAFÜR.“

Ich bin 31, meine Freunde bewegen sich in der gleichen Altersspanne. Ich blicke bereits auf neun Jahre Berufserfahrung zurück, viele meiner Freunde ebenfalls.

Berechtigterweise hat mich eine Freundin gefragt, die immer wieder mit solchen Aussagen konfrontiert wurde: „Ganz ehrlich, was soll ich denn machen, wenn mir auch niemand die Chance gibt diese Erfahrungen zu sammeln? Ich weiß, dass ich einen super Job als Führungskraft mache, aber ich werde einfach nicht gelassen.“

Mittlerweile ist sie eine sehr erfolgreiche Führungskraft, denn jemand hat sie gelassen – auch ohne Erfahrung und ohne vorher in dem Unternehmen gearbeitet zu haben. Nach weniger als einem Jahr stand die nächste Stufe an, weil Ihre Leistung die beste ist.

Deswegen: Braucht man immer für alles Erfahrung und Seniorität? Muss man immer Erfolge aufweisen können? Dann wären Start-Ups in der Regel ja nicht erfolgreich? Zumindest nicht, wenn junge Menschen in der Verantwortung stehen?

Wie kann man sich selbst verwirklichen, wenn unsere Gesellschaft nur Führung mit Erfahrung erlaubt? 

Leadership

WARUM ERFAHRUNG UND SENIORITÄT NICHT IMMER FÜR EINEN LEADER SPRECHEN

In meiner bisherigen Laufbahn hatte ich das Glück mit vielen verschieden Führungskräften zusammen zu arbeiten, und für verschiedenen Führungskräfte zu arbeiten. Und wenn ich eines daraus ziehen kann, ist es das Erfahrung und Seniorität nicht die Grundvoraussetzungen für einen guten Leader sind. Ich hatte Vorgesetzte, die fachlich auf ihrem Gebiet die absolut besten waren, aber nicht wussten, wie sie ein Team zu führen und anzuleiten hatten. Gesehen und gespürt hat man das in der Kultur und der hohen Fluktuationsrate der Mitarbeiter, und der Leistungsbereitschaft. Wertschätzung kam bei hoher Arbeitsbelastung zu kurz. Nur wenige Mitarbeiter waren nach wie vor bereits die berühmte Extra-Meile zu gehen.

Ein Team oder einzelne Personen zu führen heißt nicht einfach Aufgaben zu verteilen, es gehört mehr dazu. Oft fehlt es an aktivem Zuhören, effizienter Kommunikation, und Empathie. Und besonders jetzt, in Krisensituationen, ist eine starke Führung der Erfolgsfaktor von Unternehmen. Berufserfahrung und Seniorität helfen dann weniger. Und auch nicht das Verteilen von Aufgaben.

„WIR LEBEN IN DER WUNDERBAREN ZEIT IN DER ÄLTERE MENSCHEN VON DEN JUNGEN LERNEN KÖNNEN. LEADERSHIP IST EINE EINSTELLUNG, KEINE FÄHIGKEIT.“

Ich habe mich in der letzten Zeit viel mit dem Thema beschäftigt, in Form von inspirierenden Konversationen, Diskussionen mit jüngeren und älteren Menschen, und diversen Artikeln und Beiträgen. Diese Inhalte zum Thema Führung, und welche Eigenschaften man braucht, haben mir schlussendlich eine Möglichkeit für ein großartiges Gespräch mit einen Executive Leadership Coach ermöglicht. Und genau eben dieser sagte, dass Leadership keine Fähigkeit ist, sondern eine Einstellung. Weiter fügte er in unserem Gespräch hinzu, dass wir aus seiner Sicht in einer ganz wunderbaren Welt leben, in denen gerade ältere Menschen von jüngeren lernen können.

Das Gespräch hat mich nicht nur in einer Form inspiriert, sondern auch motiviert. Es hat mir gezeigt, dass ich mit meiner Meinung und mit meiner Ansicht auch andere inspirieren und motivieren kann, den eigenen Weg zu gehen – und das aus Überzeugung, nicht auf Grund von Erfahrung und Alter.

WARUM WIR JUNGE FÜHRUNGSKRÄFTE BRAUCHEN

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Hierzu möchte ich noch ein letztes Beispiel mit euch teilen. Ein Freund von mir durfte sich in einer gemeinsamen Weiterbildung recht häufig von unserem Trainer anhören, dass er doch noch ein bisschen jung ist für das, was er vorhat. Er ist Unternehmer und macht sich gerade als Coach selbstständig. Auf der einen Seite hat er die Leitung im Familienunternehmen übernommen, und zum anderen hat er sich das Ziel gesetzt Erfahrungen, die er im eigenen Familienunternehmen sammelt, weiterzugeben. Er bräuchte noch Zeit, und an Erfahrung würde es ihm fehlen waren Sätze, die immer wieder zu hören waren.

Er braucht keine Zeit, er muss nicht warten. Auf was denn? Er ist nämlich genau einer dieser Menschen, die Führung nicht als eine Fähigkeit sehen, sondern er diese Einstellung lebt. Er hat die Fähigkeit zuzuhören, andere zu befähigen und einen Sinn in den Aufgaben zu sehen, die er tagtäglich bewältigt – für sich und für andere. Jemand, der sich etwas zur Aufgabe gemacht hat und weiß, dass er sie mit der richtigen Einstellung erfolgreich absolvieren kann.

Das ist für mich Leadership.

Was ist für euch Leadership?

Mich interessieren deine Gedanken zu dem Thema, und ich würde mich freuen, wenn du sie als Kommentare teilst. Vielen Dank!

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